Welcher Zoll gilt denn nun?
Donald Trump betonte unzählige Male, wie sehr er Zölle liebe und dass „Zoll“ sein Lieblingswort sei. Am 1. Februar ließ er seinen Worten Taten folgen und kündigte Zölle auf Importe aus China (10 %) sowie aus Kanada und Mexiko (je 25 %) an. Nach ersten Verhandlungen wurden die Zölle für Kanada und Mexiko um 30 Tage verschoben. Die China-Zölle traten dagegen am 4. Februar in Kraft. Am 10. Februar wurden 25 % Zoll auf Stahl- und Aluminiumimporte, gültig ab dem 12. März, angekündigt. Am 26. Februar war dann die EU dran: 25 % Zoll auf alles. Am 4. März wurden die China-Zölle von 10 % auf 25 % erhöht. Am 27. März wurden 25 % Zoll auf alle Automobilimporte angekündigt.
Das war aber nur das Vorspiel: Am 2. April, dem von Trump angekündigten „Liberation Day“, folgte ein universeller 10 % Zoll auf alle Importe, gültig ab dem 5. April. Zusätzlich wurden sogenannte reziproke Zölle für etwa 60 Länder angekündigt, die – je nachdem, wie „unfair“ sich das jeweilige Land aus US-Sicht verhielt – unterschiedlich hoch angesetzt wurden. Vier Tage später wurden diese jedoch bereits für 90 Tage ausgesetzt. Ausnahme: China – deren Mindestzoll wurde auf schwindelerregende 145 % angehoben. Diese wurden dann am 12. Mai auf 30 % reduziert.
Am 23. Mai kündigte Trump Zölle in Höhe von 50 % auf alle Waren aus der EU ab dem 1. Juni an. Zwei Tage später wurde deren Einführung auf den 9. Juli verschoben, um Zeit für Verhandlungen zu haben. Ende Mai blockierte ein US-Bundesgericht die „Liberation Day“-Zölle. Einen Tag später hob ein Berufungsgericht dieses Urteil bis zur finalen Entscheidung auf. Am 30. Mai wurden die Zölle auf Aluminium- und Stahlimporte auf 50 % angehoben, gültig ab dem 4. Juni. Dies ist der Stand per 2. Juni.

Man könnte diese lange Liste noch beliebig erweitern, aber um einen Eindruck vom aktuellen Chaos zu bekommen, reicht dies vollkommen aus. Chaos ist die beste Beschreibung der aktuellen Situation. Stellen Sie sich die Mitarbeiter der Zollabfertigung vor, die jeden Tag nachschauen müssen, welcher Zoll nun gilt. Formulare mit den neuen Sätzen liegen noch nicht vor. Bleibt der Container dann länger stehen?
Wirklich schlimm ist es jedoch für die Importeure von Waren. Der Seeweg von Shanghai nach Los Angeles dauert je nach Route zwischen 12 und 20 Tagen. Bei der oben aufgezeigten Geschwindigkeit der Änderungen hat der Importeur keinen Überblick mehr, welche Kosten auf ihn zukommen.
Ein Beispiel: Wal-Mart, der größte US-Einzelhändler, hat eine Bruttomarge von rund 25 %. Die operative Marge liegt dagegen nur bei 4,3 %. Wenn Zölle in Höhe von 145 % oder selbst nur die aktuell reduzierten Sätze von 30 % anfallen, ist das Unternehmen gezwungen, diese Preise mehr oder minder komplett an den Endkunden weiterzugeben. Ansonsten würde das Unternehmen Verluste machen.
Während im Einzelhandel die Preise zügig angepasst werden können, gibt es in vielen Branchen längere Vertragslaufzeiten. Hier ist eine Preisanpassung nur mit Verzögerung möglich. Donald Trumps lapidarer Kommentar zu Wal-Marts Bedenken bezüglich der Zölle lautete: „Eat the tariffs.“ Zu Deutsch: Wal-Mart soll die Zölle selbst bezahlen und die Preise für die Kunden nicht erhöhen.
Auch Amazon, die gegenüber den Kunden transparent sein und die Preise vor und nach Zöllen ausweisen wollten, wurde zurückgepfiffen. Das war aus Regierungssicht zu viel Transparenz. Zu deutlich wäre, dass der Konsument – und nicht, wie angekündigt, der ausländische Importeur, oder in Trumps Sprache: „der Chinese“ – die Rechnung zahlt.
Wie reagieren die Unternehmen?
Wenn die Kalkulation derart erschwert wird, reagieren Unternehmen mit verschiedenen Maßnahmen. Vor allem fährt man erstmal auf Sicht: Es wird weniger im Ausland bestellt, die Lager werden zunächst heruntergefahren. Es kann daher sein, dass einzelne Produktkategorien in den nächsten Wochen und Monaten in den USA nicht mehr wie gewohnt verfügbar sind.
Man stelle sich das bildlich vor: Im Land des Konsums – leere Regale!
Hier und da werden Preise schon mal vorab erhöht, um die steigenden Einkaufskosten schrittweise zu verarbeiten. Der Einkauf kann angepasst und mehr inländische Produkte eingekauft werden. Letzteres ist ein klares Ziel von Donald Trump: Er will Arbeitsplätze und Produktionskapazitäten im Land selbst schaffen.
Aber ist das realistisch? Das hängt stark vom Produkt ab. Das oftmals genannte Beispiel eines in den USA gefertigten iPhones, das ein Vielfaches des aktuellen Preises kosten würde – eher weniger. Einzelne Komponenten, z. B. für die Automobilindustrie – eventuell.
Allerdings wird nichts davon über Nacht kommen. Der Aufbau neuer Fabriken dauert lange. Die Planung, Genehmigung, der Bau und vor allem die Suche nach qualifizierten Arbeitskräften dauern auch in den USA. Zudem gilt auch hier: Wer will unter den gegebenen Unsicherheiten hohe Investitionen leisten, wenn sich die Rahmenbedingungen mit dem nächsten Tweet auf X ändern können – oder, etwas längerfristig gedacht, die nächste Wahl eventuell nicht überstehen?
Was bedeutet das?
Es ist vollkommen offen, wie die Zollverhandlungen am Ende ausgehen werden. Selbst wenn es am Ende nur bei einem Basiszoll von 10 % bleiben sollte, ist dies ein Schaden für den global stark vernetzten Handel – verbunden mit Wohlstandsverlusten.
Für die US-Amerikaner hat dies zwei Konsequenzen: Zum einen wird ihr Einkauf teurer. Damit besteht die Gefahr einer erhöhten Inflationsrate. Der zweite Punkt ist der hohe Grad der Verunsicherung. Die USA werden nicht mehr als ein Land mit hoher Rechtssicherheit und als verlässlicher Handelspartner wahrgenommen. Entsprechend halten sich Unternehmen mit Investitionen, der Vereinbarung von langfristigen Verträgen oder dem Einkauf von Waren und Gütern zurück. Dies kann sich negativ auf das Wachstumspotenzial der USA und – in abgeschwächter Form – auch auf den Rest der Welt auswirken.
Das Ganze hat jedoch auch Auswirkungen auf die Zinsen, die Zinskurve, die Währung und damit schlussendlich auf die Refinanzierungsfähigkeit der USA.
Am kurzen Ende der Zinskurve beeinflusst die Notenbank maßgeblich das Zinsniveau. Da die Fed mit einem gewissen Inflationsdruck infolge der Zölle rechnet, hat sie in den letzten Monaten keine weiteren Zinssenkungen mehr vorgenommen und wartet erst einmal ab. Aktuell sind in der Zinskurve bis zum Jahresende noch rund zwei Zinssenkungen eingepreist.
Dauern die Verhandlungen länger und die Fed hat auch im zweiten Halbjahr keine Klarheit, wo die Inflationsentwicklung hingeht, oder wir sehen tatsächlich einen Anstieg in Folge der Zölle, wird dies für Aufwärtsdruck bei den Renditen sorgen. Das lange Ende der Kurve ist stärker von Kreditnachfrage und Angebot beeinflusst.
Die Nachfrage privater Akteure nimmt mit steigendem Zinsniveau eher ab. Dasselbe gilt für Unternehmen, wobei hier der Faktor Unsicherheit eine tragende Rolle spielt. Die Unternehmen warten aufgrund der geringen Visibilität erst einmal ab, bevor sie investieren und dafür Kredite aufnehmen. Diese schwächere Kreditnachfrage würde an sich zinssenkend wirken.
Jedoch sehen wir eine erhöhte Nachfrage des Staates nach Krediten. Die USA fahren aktuell ein hohes Haushaltsdefizit und könnten dies – bei nicht ausreichender Gegenfinanzierung der aktuellen Steuerentlastungspläne – durch die Zölle sogar noch ausweiten.

Die Grafik zeigt: Die USA haben schon seit vielen Jahren ein hohes Haushaltsdefizit. Zuletzt lag dieses bei rund 6,8 % p. a. Entsprechend stark stieg in den letzten Jahren das Verschuldungsniveau an:

Anzumerken ist, dass die USA in den letzten Jahren im Vergleich zu Europa recht solide Wachstumsraten aufwiesen. Diese sinken aktuell allerdings. Entsprechend kann sich der Anstieg der Verschuldung zum BIP noch beschleunigen, wenn das aktuelle Tempo der Neuverschuldung beibehalten wird. Ein steigendes Haushaltsdefizit in Kombination mit hohen Zinsen und einem geringeren Wachstum ist eine gefährliche Mischung.
Schon jetzt haben die USA eine Verschuldung von rund 120 % des BIP. Das ist nicht weit entfernt von Italien (135 %) – einem Land, das in Europa oftmals als Synonym für eine finanziell schlecht aufgestellte Volkswirtschaft galt. Ab welchem Level dies tatsächlich gefährlich wird, ist jedoch schwer zu prognostizieren.
Während Argentinien schon bei einem Level von rund 70 % zahlungsunfähig wurde, hat Japan mit aktuell 260 % kein Problem. Aufgrund der Stärke der US-Wirtschaft sollte hier kurzfristig kein Problem entstehen.
Die hohen Unsicherheiten – insbesondere in Bezug auf ein potenziell höheres Angebot an langlaufenden US-Staatsanleihen – sorgen dafür, dass in der Zinskurve ein höherer Risikoaufschlag eingepreist wird, die sogenannte Term Premium. Betrachtet man die bisherige Versteilung der US-Zinskurve, gemessen am Zinsunterschied 2- zu 10-jährige Anleihen, sieht man bereits einen deutlichen Anstieg. Im historischen Kontext ist dies bisher jedoch nur eine Normalisierung. Von einem erhöhten Niveau, das der aktuellen Unsicherheit angemessen wäre, sind wir noch ein ganzes Stück entfernt.

Der US-Dollar ist die Weltleitwährung. Rund 58 % aller Devisenreserven werden in US-Dollar gehalten. Viele asiatische Staaten haben über viele Jahre hinweg ihre Handelsbilanzüberschüsse in US-Dollar-Assets angelegt. Sinken die Überschüsse, sinkt auch die Nachfrage nach US-Dollar-Assets.
Zudem wird die US-Politik als unfreundlich und wenig verlässlich angesehen. Dies reduziert den Wunsch, US-Assets im bisherigen Umfang zu halten. Die Welt versucht, sich unabhängiger vom US-Dollar zu machen – sei es in Form von Bestrebungen, einzelne Rohstoffe in anderen Währungen zu notieren, oder durch die Umschichtung von Devisenreserven, Staatsfonds sowie privaten Anlagen in andere Währungsräume.
China, als einer der größten Investoren in US-Staatsanleihen, hat bereits begonnen, ihren Bestand zu reduzieren. In der Folge könnte weiterer Druck auf das Zinsniveau und die Steilheit der Kurve entstehen. Zudem könnte der US-Dollar weiter abwerten.
Implikationen für die Positionierung:
Vor dem Hintergrund der hohen Unsicherheiten sind Prognosen schwierig. Es geht daher eher um eine Tendenz. Die oben genannten Punkte sprechen eher für eine Versteilung der US-Zinskurve und höhere Renditen für langlaufende Anleihen. Hinzu kommt eine potenzielle weitere Abwertung des US-Dollar.
Aus diesem Grund sehen wir aktuell mehr Chancen auf der Euro-Zinskurve und haben das Exposure zur US-Zinskurve reduziert. Den US-Dollar haben wir bei der Anleihenallokation weitgehend abgesichert.
Auf der Aktienseite haben wir dagegen das Exposure nach wie vor offen. Hintergrund ist der „natürliche Hedge“ bei Aktien. Zur Erklärung: Global operierende US-Unternehmen erzielen bei einer US-Dollar-Abwertung durch die Aufwertung anderer Währungen höhere Umsätze und Gewinne im Ausland. Dies kompensiert im Idealfall die Abwertung des US-Dollars.
Bei rein binnenorientierten Unternehmen funktioniert dies jedoch nicht. Auf der Aktienseite ist entsprechend eine aktive Fondsberatung gefragt, die das makroökonomische Umfeld bei der Selektion mit einbezieht.
Disclaimer:
Es handelt sich hierbei um eine Werbemitteilung und nicht um ein investmentrechtliches Pflichtdokument, es enthält nicht alle für wirtschaftlich bedeutende Entscheidungen wesentlichen Angaben und kann von Informationen und Einschätzungen anderer Quellen/Marktteilnehmer abweichen. Wertentwicklungen in der Vergangenheit sind kein verlässlicher Indikator für die künftige Wertentwicklung. Es wird ausdrücklich auf die Risikohinweise des ausführlichen Verkaufsprospektes verwiesen. Diesen erhalten Sie kostenlos bei AXXION S.A., 15, Rue de Flaxweiler, 6776 Grevenmacher, Luxemburg oder elektronisch unter www.axxion.de. Die Praemium Capital GmbH und die Discover Capital GmbH (SQUAD Fonds) sind als vertraglich gebundene Vermittler der PEH Wertpapier AG tätig.
Stand: Juni 2025